Virtuelle Influencer – Zwischen Realität und Fiktion

Dass unser Alltag zunehmend digitaler gestaltet wird, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Auch sämtliche Bereiche der PR und des Marketings werden dadurch beeinflusst: Apps, Social Media, das Metaverse – und jetzt auch Influencer.

Lil Miquela ist 19 Jahre alt, halb Brasilianerin, halb Spanierin. Auf Instagram hat sie über drei Millionen Follower und modelt für Samsung, Prada oder Calvin Klein. 2019 brachte sie ihre erste Single heraus und hat mittlerweile über 190.000 monatliche Hörer:innen auf Spotify und setzt sich öffentlich für die LGBTQ+-Community sowie für die Black Lives Matter-Bewegung ein. Das Besondere an ihr: sie ist nicht real. Lil Miquela ist eine sogenannte virtuelle Influencerin.
Sie ist ein Avatar und wurde 2017 durch künstliche Intelligenz von dem Start-up Bud aus den USA entwickelt und mit einem Social Media Profil versehen, auf dem sie auch aktiv ist. Dabei verhält sie sich wie eine reale Person, postet Inhalte aus ihrem „persönlichen“ Leben und interagiert mit ihren Follower:innen.

Das virtuelle Leben

Lil Miquela ist eine von mittlerweile vielen. Vor allem in asiatischen Ländern, wie China, Japan oder Korea boomen virtuelle Influencer besonders. Diese wirken auf einigen Bildern oft so real, dass es auf den ersten Blick oft schwer fällt zu erkennen, ob es sich dabei um eine reale Person oder einen Avatar handelt. Das hat zum einen mit der hochentwickelten KI zu tun, mit der diese Influencer programmiert werden. Zum anderen spielt auch ihr realitätsnaher Auftritt im Netz eine große Rolle: Miquela führt beispielsweise eine Beziehung. Ihr Freund, der unter dem Nutzernamen @nickillian eine große Reichweite hat, wirkt in seinem Auftreten hingegen voll und ganz real. Dazu kommt, dass sie auf einigen Bildern neben realen Personen, wie Milly Bobby Brown oder Bella Hadid posiert und die Grenze zwischen Realität und Fiktion verschwimmen lässt.

Die Gefahren hinter der schönen Fassade

Virtuelle Influencer, wie Miquela, sind makellos. Sie ist immer perfekt gestylt, nie in persönliche Skandale verwickelt und braucht von dem Geld, das sie durch Kooperationen verdient, keinen Cent. Ihr fehlerloses Auftreten bringt allerdings auch Kritik mit sich: Die eigene Wahrnehmung wird vor allem bei jungen Usern verfälscht – der Wunsch nach dem perfekten und ewig jugendlichen Aussehen wird stärker. Denn virtuelle Influencer altern nicht. Sie bleiben für immer jung und lassen sich an jede Situation anpassen. Genau das macht sie auch für Kooperationspartner oder Werbekunden so attraktiv: per Mausklick kann ihr Auftreten angepasst werden. Egal ob Kleidung, Gesichtsausdruck oder Texte, alles lässt sich mit ein nur ein paar Handgriffen anpassen, wodurch Schönheitsideale, die ohnehin nie erreicht werden können, verstärkt.
Dadurch, dass hinter virtuellen Influencern kein Mensch, sondern meist große Firmen stecken, die diese programmieren, ist oft undurchsichtig, was mit den gesammelten Daten von Usern passiert, die diese durch Interaktionen auf dem Influencer-Profil freigeben.

Potential für Online-Marketing

Avatare wie Miquela haben so auch großes Potential für das Online-Marketing der Zukunft. Unternehmen könnten sich eigene Influencer programmieren. Diese würden automatisch sämtliche Anforderungen erfüllen und Verhandlungen um Verträge würden auch wegfallen. Doch bis es so weit ist, dauert es vermutlich noch. Denn bislang verfügen nur die wenigsten Unternehmen über das Know-How, Budget sowie die technische Ausstattung für ein solches Vorhaben.