Wenn KI zu einem Vorbild wird

Scrollen. Ein lustiges Katzenvideo. Wieder scrollen. Ein neues Kochvideo. Weiter scrollen, dann erscheint plötzlich Harry Potter im Feed und klärt über seine Skincare-Routine auf, während er die Produkte in die Kamera hält. Was wie ein übertriebenes Zukunftsszenario klingt, könnte gar nicht mehr so weit weg sein: KI-Influencer:innen definieren die Grenzen zwischen Realität und Fiktion neu. Heute stellen sie Menschen dar, doch der Schritt zu fiktiven Charakteren aus Film und Buch ist nicht weit entfernt. 

Flexibilität der KI-Influencer:innen

Vom Entstehen sozialer Medien bis zur heutigen Flut an digitalen Inhalten hat sich das Influencer:innen-Marketing rasant entwickelt. KI-Influencer:innen gelangen nun stetig mehr ins Zentrum einer revolutionären Veränderung der digitalen Kommunikation. Ihre Fähigkeit, rund um die Uhr ohne die Einschränkungen menschlicher Bedürfnisse oder Grenzen zu operieren, bietet eine neue Dimension der Markeninteraktion. Allerdings kommt diese Entwicklung nicht ohne ihre Herausforderungen. Während KI-Influencer:innen durch ihre kosteneffiziente und kreative Flexibilität bestechen, werfen sie Fragen hinsichtlich Authentizität und ethischer Standards auf. Die fehlende menschliche Tiefe und die potenzielle Entfremdung des Publikums sind Aspekte, die sorgfältig abgewogen werden müssen.

KI vs. Mensch

Grundsätzlich wäre eine Koexistenz von menschlichen und KI-Influencer:innenn durchaus möglich. Sie könnte eine Synergie schaffen, die menschliche Authentizität und emotionale Verbindung mit der unermüdlichen und vielseitigen Content-Erstellung ihrer KI-Gegenstücke ermöglichen. Bei der heutigen Entwicklung ist es aber auch nur eine Frage der Zeit, bis auch die KI eine emotionale Tiefe erreicht, die der auf Social-Media in nichts nachsteht.

Die psychologischen Auswirkungen dieser neuen Generation an Internetpersönlichkeiten können weitreichend werden. Die ständige Präsenz stark idealisierter, digitaler Persönlichkeiten formt die Wahrnehmung von Authentizität, beeinflusst das Selbstbild und stellt neue Herausforderungen an das Vertrauen in digitale Inhalte. Denn was jetzt schon als realitätsferner Content von Content-Creatorn dargestellt wird, würde von KI perfektioniertem Content deutlich übertroffen werden und unerreichbare Ideale verstärken.

Fiktive Charaktere als Werbebotschafter:innen

Von unechten Menschen ist der Schritt nur noch minimal auf fiktive Charaktere zurückzugreifen. Der mögliche Auftritt fiktiver Charaktere als Influencer:innen unterstreicht das kreative Potenzial dieser Entwicklung, birgt aber auch rechtliche und ethische Komplikationen. Wenn Harry Potter einem Gesichtspflege empfiehlt, wirft das die Frage der Urheberschaft und Authentizität hervor. Auch die Frage nach der Glaubwürdigkeit von Werbebotschaften, die durch beliebte Figuren aus Literatur und Film vermittelt werden, bleibt bisher weitestgehend unbeantwortet und wird auch für die Zukunft Hürden darstellen. Voraussetzung für diese Entwicklung ist eine Gesellschaft, die zunehmend bereit ist, die Grenzen zwischen dem Realen und dem Imaginären zu verwischen. Wie diese Entwicklung die Beziehung zwischen Konsumenten und Marken weiter formen wird, bleibt ebenfalls eine offene Frage, die nur die Zukunft beantworten kann.